Am 15.10. besuchte ich im Auftrag der Stiftung Leuchtenburg, die Leuchtenburg und die auf der Burg befindlichen Porzellanwelten.
Plan war es an der Übergabe von Fördermitteln durch Wolfgang Tiefensee, für einen Schrägaufzug teilzunehmen und anschließend eine Führung durch die Porzellanwelten zu machen. Warum dies zu einer meiner emotionalsten Besuche für einen Blogbeitrag wurde, erzähle ich im weiteren Verlauf. Zunächst aber einiges zur Burg und den Porzellanwelten.
Die Leuchtenburg
Die Leuchtenburg gehört zu einer der schönsten Höhenburgen Deutschlands. Sie wurde um 1200 erbaut und hat seitdem bis heute, eine bewegte und abwechslungsreiche Geschichte. Anfangs wurde sie als Verwaltungssitz genutzt. Von 1724 bis 1871 wurde sie als Zucht-Armen und Irrenhaus genutzt und 1920 wurde sie zur ersten Jugendherberge Thüringens. 1997 wurde die Jugendherberge geschlossen und weite Teile der Burg standen leer. Bis sie 2007 versteigert werden sollte, diese Chance ergriff der Unternehmer Sven-Erik Hitzer. Er gründete eine Stiftung und erwarb die Burg. Konzepte zur Nutzung der Burg wurden entwickelt und umgesetzt.
2014 eröffneten die Porzellanwelten, die bereits mehrere Preise abgeräumt hat.
Für Sven-Erik Hitzer und sein Team, war es bei den Planungen immer auch ein großes Anliegen, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen. Dabei war es ihnen sehr bewusst, dass dies bei einer Mittelalterlichen Burg, die zudem noch 400 m über dem Tal ragt, kein leichtes sein würde. Bisher ist es ihnen aber bereits in großen Teilen gelungen.
Die Porzellanwelten
Seit 2014 sind die Porzellanwelten das Touristenmagnet der Burg und das aus gutem Grund.
Hier erfährt der Besucher alles über Porzellan! Nun könnte man sagen, nun ja, und was ist so spannend daran?
Die Art und Weise wie man es erfährt!
Der Rundgang durch die Porzellanwelten ist ein echtes Erlebnis, hier erlebt man im wahrsten Sinne des Wortes, die Geschichte des Porzellans.
Das Besondere daran ist aber auch mit wieviel Liebe zum Detail gearbeitet wurde.
Der Rundgang, die Geschichte beginnt mit der Frage wie das Porzellan nach Europa gelangte. Woraus Porzellan überhaupt besteht? Sind es etwa seltsame Fabelwesen, aus denen Porzellan hergestellt wurde?
Der Besucher kann selbst „erforschen“ aus welchen Materialien Porzellan besteht, dazu muss er nur aus vier verschiedenen Materialien, drei Richtige herausfinden und sie ins passende Mischverhältnis bringen.
Er erfährt wie wertvoll Porzellan war, ein besonders rarer Stoff, das weiße Gold. Nur den Fürsten und Königen vorbehalten, die extra Räume für ihre Kostbarkeiten hatten.
In einem prunkvoll ausgestatteten Raum, kann der Besucher an einer virtuellen Tafel platznehmen und nachvollziehen wie ein festliches Mahl im Mittelalter aussah, mit all seinen Besonderheiten.
Er kann nachvollziehen wie kompliziert und aufwendig die Herstellung von Porzellan war und wie oft Objekte scheitern. Er bestaunt riesige Objekte, wie die größte Vase der Welt erschaffen vom Künstler Alim Pasht-Han. Oder die kleinste Teekanne der Welt, die nur durch eine Lupe wirklich sichtbar ist und gerade mal 4x3x3 Millimeter misst.
Besonders angetan haben es mir so fragile Objekte wie die Ballerinen.
Es folgt die Zeit der industriellen Fertigung, die vieles vereinfachte und Porzellan plötzlich für Jedermann bezahlbar machte. Porzellan zog aber nicht nur, zum Teil auch in Form von Dekorationsstücken und Gebrauchsgestände in die Haushalte ein, es wurde auch zur Massenware.
Für Fluggesellschaften wie die Lufthansa gab es Serien und für die Hotellerie. Viele Menschen, gerade im Osten können sich noch gut an das Mitropa Geschirr erinnern.
Ein Highlight für mich persönlich war deshalb auch die Sonderausstellung zu Ehren von Dieter Högermann, “Die neue Formenwelt“. Die Ausstellungsstücke aus den 30er bis zu den 80er Jahren zeigt alle gesammelten Stücke, die kurz vor seinem Tod an die Burg gespendet wurden.
Am Ende gelangt der Besucher aber noch zu einem ganz besonderen Highlight. Das Archiv der Wünsche. Hier kann er sich einen Teller, Fehlproduktion der Firma Kahla und gespendet, aussuchen und ihn mit seinem Wunsch im Skiptorium beschriften. Anschließend kann er ihn, vom Steg der Wünsche, einem 20 Meter langen Skywalk, ins Tal werfen. Das musste ich natürlich auch unbedingt machen! Mit dem Gedanken, dass sein Wunsch in Erfüllung geht endet der Rundgang!
Warum war mein Besuch nun so emotional?
Wie bereits erwähnt, war ich unter anderem auch eingeladen, um an der Fördermittelübergabe durch den Wirtschaftsminister Thüringens, Wolfgang Tiefensee teilzunehmen.
Um auf die Burg zu gelangen, darf man als Mensch mit Behinderung eine enge steile Straße mit dem Auto befahren, eigentlich ein Fuß- und Forstweg. Im Regelfall stellt man sein Auto auf dem 400m unterhalb der Burg befindlichen Parkplatz ab. Von dort läuft man zu Fuß, eben diesen Weg hinauf zur Burg. Mit dem Rollstuhl eine unüberwindbare Barriere. An der Burg angelangt, kann man sein Auto parken, die Parkmöglichkeiten sind aber sehr begrenzt. Um genau diese Barriere aus dem Weg zu räumen und Menschen mit Behinderung den Besuch der Burg zu erleichtern, hatte die Stiftung eine geniale Idee. Sie möchten einen Schrägaufzug bauen! Dieser 148m lange Aufzug, soll vom Parkplatz, teilweise unterirdisch bis hinauf zur Burg führen. Am Parkplatz selbst ist noch ein Besucherzentrum geplant, in dem man eine Kleinigkeit zu sich nehmen kann.
Dieses ehrgeizige Projekt, wurde lange mit sehr viel, zum großen Teil ehrenamtlichen Einsatz geplant und mit genau so viel Liebe zum Detail vorangetrieben. Eigentlich ging es nur noch um die Realisierung und Finanzierung, hierfür die Fördermittelübergabe.
Jetzt, kurz vor der „Ziellinie“ regt sich aber Widerstand, insbesondere aus dem Gemeinderat. Vier von sieben Vertretern zweifeln an der Sinnhaftigkeit des Projekts. Damit steht das ganze Projekt auf der Kippe.
Dies war bei der Übergabe deutlich spürbar. Kristina Vogel, Schirmherrin des Projekts, machte deutlich wie Kräfte raubend es ist, immer wieder im Leben gegen Barrieren ankämpfen zu müssen. Wolfgang Fiedler, Ideengeber des Projekts und mit enorm viel Einsatz dabei, fehlten im Anschluss die Worte. Sven-Erik Hitzer wäre am liebsten gar nicht erschienen, weil ihm das Ganze so an die Nieren geht.
Mir hat die Veranstaltung gezeigt, dass es den Menschen rund um das Projekt um eine wirkliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung geht. Ich persönlich habe mich selten so Willkommen und herzlich begrüßt gefühlt und obwohl ich „nur“ Gast war, als Teil der Gruppe wahrgenommen.
Es hat mir aber auch wieder vor Augen geführt, dass wir Menschen mit Behinderung, auch im 21. Jahrhundert immer wieder auf Barrieren stoßen. Vor allem auf Barrieren in den Köpfen. Das manchen Menschen immer noch nicht bewusst ist, wie wichtig die Teilhabe aller Menschen am Leben ist. Dass sie ihre Bedürfnisse, ihre Bedenken und ihre Meinung vor allen stellen und damit andere ausgrenzen oder sie mindestens einschränken. Das eine Einschränkung zu haben, auch immer bedeutet von anderen im und am Leben behindert zu werden.
Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es auf der Leuchtenburg weiter geht und auch wenn der Aufzug noch nicht existiert, macht euch auf den Weg und besucht die Leuchtenburg. Es lohnt sich!
Mein Dank gilt der Stiftung für die Einladung und insbesondere Juliane Güttler für die Führung und einen lehrreichen und wunderbaren Tag auf der Leuchtenburg.
Link: www.leuchtenburg.de