Mein Leben in zwei Welten
Mein Leben in zwei Welten

Mein Leben in zwei Welten

Social Media

Es gibt Tage, da habe ich keine Lust in den sozialen Netzwerken zu stöbern. Dabei weiß ich genau, wie gut es ist, vernetzt zu sein. Gerade für uns, für Menschen mit Behinderung!

Das Internet und die sozialen Netzwerke schaffen heute Möglichkeiten von denen wir vor noch nicht allzu langer Zeit nur träumen konnten. Mit nur geringem Aufwand und in kurzer Zeit komme ich heute an eine Fülle von Informationen zu einem bestimmten Thema! Diese Informationen kann ich dann auch noch mit all meinen „Freunden“ rund um den Globus teilen. Das ist phantastisch und ich bediene mich gerne dieser Möglichkeiten. Mit meinem eigenen Blog, über Facebook, Twitter und Instagram. Ja, die sozialen Netzwerke und das Internet sind toll und die wahrscheinlich Beste Erfindung der neuesten Zeit.

Und doch gibt es diese Tage, an denen ich am liebsten auf einen Internetzugang verzichten würde. Warum?

Weil ich mich manchmal des Eindrucks nicht erwehren kann, in einer Parallelwelt zu leben. Wenn ich mir manche Einträge anschaue, habe ich den Eindruck, die Welt ist schlecht. Besonders schlecht ist sie zu Menschen mit Behinderung. Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung nehme zu, lese ich da! Öffentliche Verkehrsmittel könne man praktisch nicht benutzen! Die Deutsche Bahn geht gar nicht. Fluggesellschaften wollten uns als Kunde nicht. An Urlaub kann man als Mensch mit Behinderung echt nicht denken!

Ja es gibt Tage, da habe ich einfach keine Lust das zu lesen!

Ich habe nämlich keine Lust, mir den Tag zu verderben. Außerdem, steht es im Widerspruch zu meinen persönlichen Erfahrungen! Ich reise gern und viel, ich fliege, benutze die Bahn und hin und wieder nehme ich auch mal den Bus oder die Straßenbahn. Nur sehr selten habe ich dabei Probleme. Meist funktioniert alles reibungslos.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es nur mir so geht. Oder bin ich die Ausnahme und einfach nur ein Glückspilz im Rollstuhl? Warum lese ich so selten: „Heute in den Urlaub geflogen, super Flug, tolles Hotel klasse Strand“!?

Meine Erfahrungen

In meiner Realität sieht vieles anders aus! Städte und Kommunen gehen immer stärker auf Menschen mit Behinderung zu – auch auf mich persönlich – und wünschen besonders die Mitarbeit von Menschen mit Handicap.

Die Bahn hat erst kürzlich Menschen mit Behinderung nach Ihrer Meinung gefragt und um Verbesserungsvorschläge gebeten.

Am 24.05. war ich in Dresden. Ich hatte das Vergnügen an einer Fachtagung zum Thema „Tourismus für Alle“ teilzunehmen und einen eigenen Beitrag zu leisten. Veranstalter war der Tourismusverband Sachsen.

Zunehmend werde ich als Experte für dieses Thema wahrgenommen und meine Meinung scheint wichtig zu sein, nicht nur in Sachsen. Gerade auch bei dieser Veranstaltung, habe ich festgestellt: Es tut sich etwas! Vor einigen Jahren noch, hatte ich den Eindruck als Mensch mit Behinderung Bittsteller zu sein. Gerade bei dieser Veranstaltung war das eben nicht so. Schon der Titel sagt einiges zu der Einstellung aus: Tourismus für Alle. Damit grenzt man niemanden mehr aus und ich finde das klingt viel besser als, Tourismus im Zeichen von Behinderung, wie es vielleicht vor ein paar Jahren noch geheißen hätte! Natürlich ist mir bewusst, dass nicht alles perfekt ist und auch auf dieser Tagung waren wir uns einig, dass es noch viel zu tun gibt. Deshalb finden ja solche Tagungen statt, um auf Probleme aufmerksam zu machen und um sie zu beseitigen.

Ich bin einen Tag vorher angereist, so hatte ich noch die Gelegenheit mir ein wenig die Stadt anzuschauen. Dresden ist sehr schön, einen Ausflug dorthin kann ich nur empfehlen.

Ja ich weiß, dass viele Kopfsteinpflaster ist anstrengend. Gerade für uns als Rollstuhlfahrer. Aber wie ich erfahren konnte, wird auch in Dresden gerade über Lösungen nachgedacht. Da ich einen guten Rollstuhl habe, habe ich mich nicht davon aufhalten lassen. Leider hatte ich bei diesem Besuch zu wenig Zeit, mir Dresden anzuschauen. Ich werde das nachholen. Ich habe aber noch einen tollen Abend mit zwei tollen Menschen verbracht: Antje Rennack und Kai Pagenkopf. Wir hatten viel Spaß und haben uns angeregt über die Zukunft des Tourismus für Alle unterhalten.

Die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung nimmt zu

Wirklich? Auf meinen letzten Blogbeitrag habe ich viele Reaktionen erhalten. Direkt als Kommentar, über Facebook und durch persönliche Rückmeldungen. Das hat mich sehr gefreut! Vielen Dank dafür!

Nicht nur über meinem Blog bekomme ich Rückmeldungen, nein auch im Alltag. Bei meiner Arbeit bei RUNA REISEN und im Circuszentrum. Ausnahmslos sind diese positiv!

Bei RUNA REISEN schätzt man meine Meinung und meine Einstellung! Ich werde als Kollege und Mensch geschätzt und respektiert. Ich habe nicht den Eindruck und nie gehabt, hier in irgendeiner Form diskriminiert zu werden. Ich bin ein wichtiger Teil des Unternehmens, wie alle meine Kollegen auch.

Im Circuszentrum machen die Kinder keinen Unterschied zwischen mir und den anderen Trainern. Neue Kinder fragen mich natürlich warum ich im Rollstuhl sitze. Wenn ich Ihnen die Frage dann befriedigend beantworten kann, ist das Thema für sie auch gegessen. Kinder die mittlerweile schon Erwachsen und gar nicht mehr im Circus aktiv sind, haben zum Teil bis heute mit mir Kontakt, weil sie mich als Menschen schätzen.

Das macht mich stolz und glücklich. Mit einer ehemaligen Trainerin, die als Jugendliche im Circuszentrum angefangen hat und mittlerweile eine ähnliche Einrichtung auf Hawaii hat (Circus Olina), stehe ich in regelmäßigen Kontakt.
Eine Mutter sagte neulich zu mir: „Toll das du hier arbeitest, in einem solchen Bereich gibt es viel zu wenig Männer!“ Was mir zeigt, ich werde nicht in erster Linie als Mensch mit Behinderung war genommen.

Es gibt Tage, da liebe ich das Internet und die phantastischen Möglichkeiten.
Viel lieber halte ich mich aber in der realen Welt auf. Nur hier kann ich jede Menge Kraft schöpfen!

In diesem Sinne: Wenn ihr jetzt an dieser Stelle im Text seid, fahrt den Computer runter und geht oder rollt raus ins wahre Leben! Es lohnt sich!

P.S.: Jetzt komme ich mir schon vor wie Peter Lustig… „abschalten!“

2 Kommentare

  1. Hallo Herr Klug,
    von Berufs wegen beschäftige ich mich mit dem Reisen und dem, was Menschen antreibt. Als Hotelfachfrau und diplomierte Sozialwissenschaftlerin leite ich seit fast 6 Jahren die Jugendherberge in Niebüll und beherberge immer mehr Menschen mit Beeinträchtigungen jeglicher Art. Weil Musik viele Menschen verbindet, veranstalten wir am kommenden Wochenende das 3. InBeat Musikfest.
    Ich bin auf Ihren Blog gestoßen, beschäftige mich mit „Reisen für alle“ und bin immer mehr auf der Suche nach Menschen, die nicht über Inklusion reden, sondern sie leben.
    Vielleicht machen Sie auch einmal Urlaub bei uns und geben mir ein Feedback, wie barrierefreier Urlaub in Nordfriesland funktioniert.
    Jetzt schalte ich ab…

Schreibe einen Kommentar zu Juliane Schmitz Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert